Programm der internationalen Demo und Kundgebung G20 - Welcome to hell
06. Juli 2017, 16.00 - 18.30 Uhr, Fischmarkt Hamburg
Die antikapitalistische Demonstration »G20 - Welcome to hell« gegen den G20-Gipfel beginnt am 6. Juli mit einer Kundgebung auf dem Hamburger Fischmarkt mit internationalen Gästen und Livebands. Auf der Kundgebung sprechen internationale AktivistInnen von Protesten und aktuellen Widerstandserfahrungen sowie staatlicher und gesellschaftlicher Repression.
I. Internationale Auftaktkundgebung
Live-Bands, Redebeiträge und Soligetränke auf dem Fischmarkt
Die Goldenen Zitronen, Neonschwarz, Johnny Mauser & Captain Gips werden ab 16 Uhr live auf der Bühne spielen und begleiten das vorbereitete Programm mit weiteren Überraschungen. Am Rande der Kundgebung wird es zudem Soli-Getränke und Essen geben. Die Konzerte und Beiträge beginnen pünktlich um 16.00 Uhr.
AktivistInnen aus verschiedenen Ländern berichten auf der Kundgebung und Demonstration von ihren Kämpfen und ihrer Selbstorganisierung, von staatlicher Repression, von Sexismus und Homophobie, Rassismus, Antisemitismus und Alten wie Neuen Rechten. Uns eint der Kampf gegen kapitalistische Zustände, die wir nicht mehr ertragen wollen.
II. Antikapitalistische Demonstration
Ab 18.30 Uhr zieht das Programm dann auf den Lautsprecherwagen um und es beginnt die Aufstellung der Demonstration in der Hafenstrasse auf Höhe Park Fiction/Hafenstrassen Häuser. Wir erwarten eine breit getragene Demonstration mit stadtpolitischen und entwicklungspolitischen Spektren, einem queerfeministischen und einem grossen autonomen Block. Start der Demonstration ist pünktlich um 19.00 Uhr.
Der Ort der Auftaktkundgebung liegt mit Blick auf den Hafen als Logistik-Drehschreibe und die Elbphilharmonie als Ort des geplanten offiziellen Gipfelphotos zwischen Demonstrationen, Blockaden und Rauchzeichen der Gipfelproteste.
"Unsere Botschaft ist: Wir sind schon da, wenn die Staatsgäste anreisen und wir werden den reibungslosen Ablauf dieses Gipfels stören!"
Politische Gipfel von G7 bis G20 sind seit jeher verbunden mit Auseinandersetzungen auf den Strassen und Protesten. In Hamburg ist zum G20 ein regelrechter Sicherheitswahn entbrannt. Wir wollen mit der Kundgebung am 6. Juli den Blick weg von den Befindlichkeiten der lokalen Sicherheitspolitik richten und die weltumspannende Ausbeutung von Ressourcen, Kriege & die Gewalt der kapitalistischen Gegenwart thematisieren.
Die Welt der G20, Kapitalismus und patriarchale Verhältnisse bedeuten für Millionen von Menschen heute die Hölle auf Erden. Doch nicht nur die Warenströme & Märkte haben sich globalisiert, sondern auch unser Widerstand.
III. Gäste und Themen der Kundgebung
Vom Hamburger Hafen zum Widerstand in Oaxaca: Die Logistik der Ausbeutung
Politische Morde und der Einsatz von Schusswaffen gegen indigene Proteste und soziale Kämpfe sind in Mexiko Teil des repressiven Normalzustandes. Nahe einer belagerten autonomen Gemeinde wurden vor 7 Jahren die mexikanische Aktivistin Bety Cariño und der finnische Aktivist Jyri Jaakkola von Paramilitärs ermordet, die bis heute von der Regierung gedeckt werden. Omar Esparza, der ehemalige Lebensgefährte von Bety fordert mit vielen anderen bis heute Aufklärung und musste wegen Morddrohungen untertauchen.
Auf der internationalen Kundgebung »G20 - Welcome to Hell« am Hamburger Hafen berichtet Omar Esparza (Movimento Agrario Indígena Zapatista, MAIZ), von staatlicher Repression, sozialen Kämpfen und Landraub bei indigenen Gemeinden im mexikanischen Oaxaca. Andere AktivistInnen aus Oaxaca haben vor einigen Jahren zu Solidaritätsblockaden gegen die Verschiffung von technischen Anlagen aufgerufen, welche zum Landraub und der Enteignung indigener Gemeinden verwendet werden.
Die Proteste gegen den Grossflughafen in Atenco/Mexiko City und staatliche Gewalt
Die erhobene Machete ist das Sympbol der Proteste in Atenco. Der Name dieses mexikanischen Ortes steht heute in Mexiko für Staatsverbrechen, sexualisierte Folter und Straflosigkeit. Doch zugleich ist Atenco ein Symbol für unbeugsamen Widerstand und Solidarität. Nach Auseinandersetzungen um die Stände von BlumenhändlerInnen stürmte die Polizei die Stadt und es kam zu zwei Toten, vielen Schwerverletzen und über 200 Festnahmen. Die Festgenommenen wurden gefoltert, zahlreiche weibliche Gefangene wurden vergewaltigt.
Trinidad Ramírez, von Frente de Pueblos en Defenca de la Tierra (FPDT), berichtet von Repression und dem Widerstand der Frauen von Atenco gegen die Straflosigkeit sexualisierter Staatsgewalt. Die Gewalt hat die Bewegung von Atenco nicht gebrochen. Aktuell gibt es neue Stadtentwicklungsproteste gegen das neue Flughafenprojekt "Future City", geplant vom Architekten Norman Foster. Mit dem neuen Grossflughafen für Mexiko City werden Hotelanlagen, Einkaufszentren und Industriekorridore geschaffen. Eine Stadtplanung, die beispielhaft für die Gewalt kapitalistischer Grossprojekte steht.
Systematische Gewalt gegen LGBTI in Russland
In den letzten fünf Jahren hat sich die Situation in Russland für antirassistische, zivilgesellschaftliche Gruppen und MenschenrechtsaktivistInnen sowie für Mitglieder besonders gefährdeter Gruppen (Frauen, ethnische Minderheiten, LGBTI) rapide verschlechtert. Staatliche Repression gegen die Zivilgesellschaft verbindet sich mit der Förderung "traditioneller Werte" und Homophobie. Versuche, der Regierung Opposition und Kritik entgegenzusetzen, sind heftigen Reaktionen ausgesetzt, oft in Form ungesetzlicher, willkürlicher und unmenschlicher Aktionen der Polizei und anderer staatlicher Institutionen.
Inessa Sakhno, Menschenrechtsaktivistin vom Anti-Discrimination Centre Memorial berichtet u.a. von den jüngsten Massen-Protestdemonstrationen die in Moskau und St. Petersburg 1500 Verhaftungen von AktivistInnen für einen Tag zur Folge hatten. Einige von ihnen wurden auf den Polizeiwachen gefoltert, Hunderte bis zu 15 Tagen festgehalten. Schreckliche Folterungen gab es in Tschetschenien: Mehr als hundert schwule Männer wurden gefangen genommen und in inoffiziellen Gefängnissen festgehalten, einige von ihnen zu Tode geprügelt.
Eine andere Welt ist möglich - Widerstandserfahrungen in den USA
Rassismus, Antisemitismus oder Hass gegen queere Selbstorganisationen sind verbreitet in rechtspopulistischen Bewegungen. Was sagen uns die Wahlsiege und -Erfolge von Trump in den USA, Erdogan in der Türkei und RechtspopulistInnen in Europa über die Zeit, in der wir leben? Und welche Strategien bieten sich an, um zunehmend repressiven Regierungen und einem stärker werdenden Nationalismus die Stirn zu bieten? In den USA entwickeln sich neue Formen von Protest und Selbstorganisation. In den ersten Wochen von Trumps Präsidentschaft ging eine grosse Protestwelle durch das Land.
Vor dem Kontext der Erfolge und Niederlagen der sozialen Bewegungen unter Trump, wird ein*e AktivistIn aus der anarchistischen Bewegung in den USA über den Stellenwert von Basis-Widerstandsbewegungen in der gegenwärtigen Situation sprechen. Soziale Bewegungen sehen sich neuen Gefahren ausgesetzt, stehen aber auch vor neuen Möglichkeiten und Widerstandserfahrungen.
Lampedusa in Hamburg und die Autonomie der Migration
Die Proteste gegen G20-Gipfel sind ohne die vielfältigen Kämpfe von Geflüchteten gegen das europäische Migrationsregime nicht zu denken. Die teilnehmenden Staaten am G20 Gipfel sind die Verantwortlichen für Kriege und Armut in weiten Teilen der Welt. Das Treffen im Juli hat nicht sichere Fluchtrouten oder das Ende kapitalistischer Ausbeutung zum Ziel, sondern die Aufrechterhaltung dieser Zustände und eine weitere Abschottung gegen deren Folgen. Dass Abschiebungen von Roma innerhalb Europas, oder von Geflüchteten nach Afrika oder Afghanistan verhindert werden können, wenn wir solidarisch & gemeinsam aktiv werden haben die jüngsten Proteste von SchülerInnen in Nürnberg gezeigt.
Auf der Kundgebung spricht ein Aktivist der Gruppe Lampedusa in Hamburg über die Proteste und Perspektiven selbstorganisierter Kämpfe gegen die Festung Europa. Mehrere Jahre sind vergangen, seit sich hunderte Geflüchtete zum Kollektiv "Lampedusa in Hamburg" zusammengeschlossen haben und für ihre Rechte kämpfen. Der Hamburger Senat verweigert bis heute die Forderung nach einem kollektiven Bleiberecht. Weder Grossdemonstrationen, noch sonstige Proteste konnten bisher die Politik umstimmen. Es scheint ruhiger geworden zu sein, aber Geflüchtete und Illegalisierte sind immer noch hier, organisieren sich und leisten Widerstand.
Gegen die kapitalistische Ausbeutung und patriarchale Ordnung der Welt!
Tote Geflüchtete im Mittelmeer, erschossene Streikende, verfolgte und ermordete LGBTI* oder zunehmende rassistische & nationalistische Mobilisierungen überall auf der Welt sind für uns kein hinnehmbarer Zustand. Wir gehen deshalb am 6.7. auf die Strasse, um uns zu vernetzen und erklären unsere Absicht, nicht nur den Gipfel zu stören, sondern in der Perspektive ganz andere Vorstellungen von Gesellschaft weiterzuentwickeln.
Dass wir gegen den G20-Gipfel in Hamburg auf die Strasse gehen, bedeutet nicht, dass wir zur Friedhofsruhe übergehen, sobald die Staatschefs wieder abgereist sind. Bei der Kritik der globalen Verhältnisse sind uns nicht die Personen und Gipfelevents wichtig, sondern die Perspektive lokaler Kämpfe und wiederständiger Bewegungen.
Internationale Kundgebung Welcome to hell