Stellungnahme der Roten Flora zur Aufhebung eines im Zusammenhang mit dem FSK-Konflikt erteilten Hausverbotes
Wie kam es zum Hausverbot ?
Vor ca. einem Jahr kam es in den Räumlichkeiten des FSK (Freies Sender Kombinat) zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung, bei der eine Person verletzt wurde. Anlass war der Versuch einer Radiogruppe, sich über ein gegen sie verhängtes befristetes Sendeverbot hinwegzusetzen. Das Sendeverbot war aufgrund einiger Äusserungen in der Sendung "Afrika, Asien, Lateinamerika IN KONTAKT" erteilt worden, die als antisemitisch kritisiert worden waren. Vor diesem Hintergrund kam es zu einer tumultartigen Szene im Treppenhaus des FSK.
Was hat die Flora damit zu tun?
Da es sich bei einigen der beteiligten Personen um Flora-Nutzer handelte, wurde von einer verletzten Person der Antrag ans Plenum gestellt, man möge sich positionieren und einem namentlich bekannten Beteiligtem, der geschlagen hatte, ein Hausverbot erteilen. Dies geschah dann mit der Begründung, es dürfe sich niemand in der Flora von anderen bedroht fühlen, und Gewalt sei kein adäquates Mittel innerlinker Auseinandersetzung. Eine inhaltliche Positionierung war zu dem besagten Zeitpunkt für das Plenum weder möglich noch gewünscht.Aber der Reihe nach: Dem Betroffenen wurde mitgeteilt, dass das Hausverbot vorläufig sei, mit der Bitte, sich zu dem Vorfall zu äussern, was bis vor kurzem nicht geschah. Es kam zu keiner weiteren inhaltlichen Auseinandersetzung und so hatte das Hausverbot bis vor kurzem Bestand. Ausgelöst wurde die Debatte jetzt erneut durch einen offenen Brief an die Flora, in der die Beendigung des Hausverbotes eingefordert wurde.
Die Flora zwischen Solidarität und "Szenepolizei"
Nach Rücksprache mit den Beteiligten und langen Diskussionen haben wir uns für die Aufhebung entschieden, da die damalige Bedrohungssituation so nicht mehr gegeben ist. Wir rechtfertigen damit in keiner Weise das Verhalten im nachhinein, sondern wollen mit der Aufhebung den Weg für eine weiterführende Diskussion frei machen, deren Ende offen ist. Die Flora muss sich, so wie die Dinge liegen, einerseits den Vorwurf gefallen lassen, das Hausverbot nicht inhaltlich begründet und sich so im Konflikt positioniert zu haben, ohne sich wirklich zu positionieren. so stand das Hausverbot die ganze Zeit unter einem schlechten Stern, da eine Einzelperson für das Handeln eines ganzen Zusammenhangs abgestraft wurde. Andererseits wollte die Flora auch nicht in die Rolle der "Szenepolizei" geraten, die darüber entscheidet wer Recht hat und wer nicht.
Und nun?
Im weiteren muss es nun darum gehen, sich mit dieser Art des Handelns und den zugrundeliegenden Positionen auseinander zu setzen und das nicht mit dem Druckmittel des Hausverbotes im Hintergrund, um die Auseinandersetzung von hierarchischen Vorzeichen zu befreien. Es geht uns dabei nicht in erster Linie um den konkreten Streit im FSK, sondern um Auseinandersetzungsformen und Antisemitismus in der Linken.
Wir finden die Art des Konflikts, so wie er bisher geführt wurde (Machtpolitik, körperliche Auseinandersetzung, Outing, etc.) katastrophal. Sie ist geprägt durch das Vertreten konträrer Positionen, die sich unserer Wahrnehmung nach in der Diskussion keinen Millimeter bewegen, da die ProtagonistInnen glauben, die alleinige Wahrheit für sich gepachtet zu haben und so eine differenzierte Betrachtung des Konflikts unmöglich machen. Wir sind nicht bereit, diese Art der Auseinandersetzung mit zu führen, denn wir finden die Thematik zu relevant als dass sie auf der Ebene identitärer Grabenkämpfe ausgetragen werden sollte.
Das Plenum der Roten Flora im Juli 2003